Claudia Cuadra
Claudia Cuadra, 1982 in Darmstadt geboren, studierte Kunstpädagogik, Romanistik und Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt am Main und der Universidade Nova de Lisboa (Magister Artium mit Auszeichnung).
2015 promovierte sie mit der Studie „António Pedro und sein künstlerisches Schaffen. Poesie, Intermedialität und Schöpfertum“ an der Goethe-Universität mit der Höchstnote „Summa cum laude“ (Publikation von VG Wort gefördert).
Während des Studiums war Claudia Cuadra im Bereich Philosophie im DFG-Forschungsprojekt „Anfechtbare Zuschreibungsbegriffe“ tätig, danach als wissenschaftliche Mitarbeiterin der spanischen und portugiesischen Literaturwissenschaft an der Goethe-Universität. Weitere künstlerisch-literarische Berufsstationen folgen im Atelier Goldstein für Künstler mit Behinderung sowie in der portugiesischen Buchhandlung TFM. Heute arbeitet sie als selbstständige Kulturredakteurin und Sprachmittlerin, unter anderem für das Goethe-Institut Nigeria. Ihre Übersetzung von António Pedros surrealistischem Bildroman „Nur eine Erzählung“ erschien 2016.
Verleihung des Georg-Rudolf-Lind-Preises 2017
L A U D A T I O der Präsidentin des DLV
Anlässlich der Verleihung des Georg-Rudolf-Lind-Förderpreises für Lusitanistik 2017 am 14. September 2017 im Kurfürstlichen Schloss Mainz an Claudia Cuadra
Sua Excelência, Sr. Embaixador João Mira Gomes,
Liebe Lusitanistinnen und Lusitanisten,
Liebe Claudia Cuadra,
Meine sehr geehrten Damen und Herren,
es ist mir eine besondere Freude, Sie alle hier im Namen des DLV sehr herzlich in diesem wunderschönen Kurfürstlichen Schloss zu Mainz zu begrüßen, verbunden mit einem tiefempfundenen Dank an unsere KongressorganisatorInnen, die dieses prächtige Schloss für unsere Feier gefunden haben: So ist es für uns eine große Ehre, unsere Preisverleihung an diesem wunderbaren Ort, Residenz zahlloser Erzbischöfe, Kurfürsten und Landesherren, vorzunehmen. Einen perfekteren Rahmen könnten wir uns nicht wünschen, um unseren Georg-Rudolf-Lind Preis für Lusitanistik nun zum bereits sechsten Male zu überreichen. Herzlichen Dank dafür!
Dieser Georg-Rudolf-Lind Förderpreis für Lusitanistik, liebe Kolleginnen und Kollegen, ist vom DLV geschaffen worden, um „[d]urch die gezielte Prämierung einer herausragenden Qualifikationsarbeit […] junge Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler [zu] fördern, deren Forschungen im Bereich der Lusitanistik besonders auszeichnenswert sind.“ (Statuten des DLV)
Und so freue ich mich sehr, Ihnen heute mitteilen zu können, dass der Vorstand des DLV sich 2017 einstimmig dafür entschieden hat, den diesjährigen Georg-Rudolf-Lind-Preis, der mit 500.- Euro dotiert ist, an Dr. Claudia Cuadra von der Goethe-Universität Frankfurt zu überreichen. Meinen herzlichen Glückwunsch! Ich möchte Ihnen ganz kurz Claudia Cuadra vorstellen: Nach ihrem Magister-Studium der Kunstpädagogik, Romanistik und Philosophie an der Johann Wolfgang Goethe-Universität Frankfurt und der Universidade Nova de Lisboa folgte im Jahre 2015 die Promotion. Während ihres Studiums war sie wissenschaftliche Mitarbeiterin der spanischen und portugiesischen Literaturwissenschaft an der Goethe-Universität. Neben Tätigkeiten in der portugiesischen Buchhandlung TFM, ist sie heute selbständige Kulturredakteurin und Sprachmittlerin, unter anderem für das Goethe-Institut Nigeria. Eine interdisziplinär agierende, vielseitige junge Lusitanistin also, die wir heute würdigen dürfen.
Vielseitigkeit ist auch das Stichwort, das die direkte Verbindung zum Namensgeber unseres Preises herstellt, zu Georg Rudolf Lind, einem der bedeutendsten Lusitanisten des 20. Jahrhunderts. War nicht gerade Georg Rudolf Lind auch einer der vielseitigsten Gelehrten unserer Disziplin, der die hohe Kunst der Gratwanderung verstand, zugleich ein umtriebiger Übersetzer, ein exzellenter Autor und hervorragender Wissenschaftler zu sein?
Deshalb scheint es mehr als passend und ganz im Sinne Georg Rudolf Linds, mit diesem Preis heute die Dissertationsschrift von Dr. Claudia Cuadra auszuzeichnen, die in allen drei Gutachten mit „summa cum laude“ bewertet wurde und den Titel trägt: „António Pedro und sein künstlerisches Schaffen. Poesie, Intermedialität und Schöpfertum“. Denn bereits der ausgewählte Untersuchungsgegenstand, das künstlerische Schaffen António Pedros, verlangt gerade nach einem solch vielschichtigen, multidimensionalen und Disziplinengrenzen überschreitenden Zugang, handelt es sich bei dem portugiesischen Autoren doch um ein Genie an Schaffenskraft, Medienvielfalt, Gattungsdiversität, multipler Literaten-, Künstler- und Intellektuellenpersönlichkeit.
António Pedro war wahrhaft einzigartig: als Maler, Dichter, Schauspieler, Regisseur, Journalist, Bildhauer, Kunstsammler, prägte der 1909 auf Cabo Verde geborene Künstler entscheidend die Entwicklung der portugiesischen Moderne zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Nur: wer kennt ihn? Im Jahre 1966 verstorben, blieb António Pedro in der medialen Öffentlichkeit weitgehend unbekannt.
“Um gigante esquecido” titelt daher zu seinem 50. Todestag am 17. August 2016 der portugiesische Observador – ein Gigant also, aber eben ein vergessener.
Erst 50 Jahre später gelingt es einer Doktorandin der Goethe-Universität Frankfurt, mit ihrer Studie zu António Pedro und seinem Oeuvre, dieses Genie der portugiesischen Moderne erstmalig umfassend in den Fokus zu nehmen. Es ist die erste umfassende Werkanalyse des großen portugiesischen Autors, mit der Frau Cuadra die Forschungslandschaft der Lusitanistik so überzeugend bereichert, indem sie die „[…] Bedeutung der Intermedialität in Pedros Schaffen […] zum Ausgangspunkt nimmt für die umfassende Darstellung einer Persönlichkeit, die die modernistische Phase in der portugiesischen Kunst und Literatur zwischen 1930 und 1966 abbildet.“ (Gutachten Prof. Helmut Siepmann)
Und im Gutachten von Dietmar Frenz ist zu lesen: „Das Unterfangen ist ambitioniert, erstreckt sich Pedros Werk doch auf so unterschiedliche Gattungen, Medien und Tätigkeiten wie Lyrik (auch auf französisch), Prosagedicht, Narrative, Drama und Theorie, Drehbuch, Regie und Journalismus, Zeichnung und Malerei, Objektkunst, Keramik und Collage, unterhält zudem intermediale Bezüge auf Photographie und Kinematographie. Philologischer Sachverstand ist hier ebenso gefordert wie kunsthistorischer, und die Verfasserin verfügt über beides.“ (Gutachten Prof. Dietmar Frenz)
Damit ist Frau Cuadra eine überaus wertvolle Monographie gelungen, die „[…] reich an mitunter auch für den Kenner überraschenden Entdeckungen ist, und eine wichtige Rolle nicht nur in der lusitanistischen Diskussion, sondern für eine die Grenzen der Medien überschreitende Philologie spielen dürfte.“ (Gutachten Prof. Gerhard Wild)
„Ele foi em muitas coisas o primeiro, mas sempre, em última análise, solitário”, schreibt Casais Monteiro in seinem Nachruf in der brasilianischen Zeitung Estado de São Paulo über António Pedro und bezeichnet António Pedro als “[…] um dos maiores agitadores da vida cultural portuguesa do século XX”.
“Ele foi em muitas coisas o primeiro, mas sempre, em última análise, solitário”.
So erstaunlich treffgenau der erste Teil des Zitats auch auf Claudia Cuadra zutrifft, der zweite passt hoffentlich nicht: Es ist sicher das Verdienst von Claudia Cuadra, ebenfalls die erste gewesen zu sein: die erste, die diesen großartigen portugiesischen Künstler und Autor António Pedro in einer umfassenden Werkschau der lusitanistischen Wissenschaftslandschaft hinzufügt und damit eine unverzeihliche Forschungslücke zu schließen hilft. Die erste also, aber hoffentlich nicht ‚solitária‘/‘allein‘: Sicherlich wird Claudia Cuadras Arbeit viele weitere nach sich ziehen. Es ist ihr größtes Verdienst, den Stein António Pedro ins Rollen gebracht zu haben, womit sie eine wahrhaft würdige Vertreterin unseres Preises ist.
In diesem Sinne wünsche ich Ihnen, liebe Claudia Cuadra, für Ihren wissenschaftlichen Werdegang weiterhin viel Erfolg, vielfältige Anschließbarkeiten an Ihre Forschungs- und Interessensgebiete sowie viel Freude am Aufspüren facettenreicher, innovativer Themengebiete, die sicherlich dazu beitragen werden, die Lusitanistik in eine spannende Zukunft zu führen!
Kathrin Sartingen
Präsidentin des Deutschen Lusitanistenverbandes September 2017