Preisträgerin 2013

Georg-Rudolf-Lind-Förderpreis für Lusitanistik

Porträt der Preisträgerin 2013

Melina Teubner ist 1986 in Marl geboren. Im Rahmen eines Schüleraustausches verbrachte sie die elfte Klasse an der Escola Crescimento in São Luis – Maranhão. Nach dem Abitur nahm sie im Jahre 2006 das Studium der Iberischen und Lateinamerikanischen Geschichte, der Mittleren und Neueren Geschichte sowie der Romanistik/Portugiesisch an der Universität zu Köln auf. Während des Studiums besuchte sie die Universidade Federal do Ceará im Rahmen eines Austauschprogrammes des portugiesisch-brasilianischen Instituts der Universität zu Köln.

Das Studium schloss sie an der Universität zu Köln mit einer Arbeit zum Thema „Sklavenschiffsköche. Eine Untersuchung der Hilfskräfte im brasilianischen Sklavenhandel des 19. Jahrhunderts“ bei Prof. Dr. Michael Zeuske ab. Hierfür forschte sie, gefördert durch das PROMOS-Programm des DAAD, im Herbst 2011 im Arquivo Itamaraty und im Arquivo Nacional in Rio de Janeiro. Für ihre Arbeit wurde sie während des 10. Deutschen Lusitanistentages in Hamburg mit dem Georg-Rudolf-Lind Förderpreis für Lusitanistik ausgezeichnet.

L a u d a t i o des Präsidenten des DLV

Anlässlich der Überreichung des Georg-Rudolf-Lind-Förderpreis für Lusitanistik 2013 am 13. September 2013 im Haus der Patriotischen Gesellschaft der Freien Hansestadt Hamburg

Meine Damen und Herren:

Ich freue mich außerordentlich, daß der in der Amtszeit von 1999-2001 eingerichtete Georg-Rudolf-Lind-Förderpreis für Lusitanistik des Deutschen Lusitanistenverbandes heute, am 12. September 2013, im Rahmen des 10. Deutschen Lusitanistentages, zum vierten Mal vergeben werden kann; ein Preis, der nach unserem großen, 1990 (geb. 1925) verstorbenen Kollegen Georg Rudolf Lind benannt ist – was wäre die Fernando Pessoa-Rezeption ohne seine übersetzerische und wissenschaftliche Arbeit – ein Preis, mit dem jeweils ein junger deutschsprachiger Wissenschaftler, eine Wissenschaftlerin, für seine/ihre herausragende Arbeit auf dem Gebiet der portugiesischen, brasilianischen und lusophonen afrikanischen Literatur-, Sprach- und Kulturwissenschaft ausgezeichnet werden soll, und der mit 500.- Euro dotiert ist. Das ist zwar bescheiden, es ist dies ja auch eher ein symbolischer Preis, die Anerkennung und die dadurch möglicherweise erworbene Reputation für eine wissenschaftliche Weiterförderung wiegen schwerer.

Der Preis der Amtsperiode 2011-2013 geht an Melina Teubner aus Hürth bei Köln.

Melina Teubner studierte Geschichtswissenschaften – Schwerpunkt Mittlere und Neuere Geschichte wie Iberische- und Lateinamerikanische Geschichte – sowie Romanistik mit dem Schwerpunkt Portugiesisch an der Universität zu Köln. Von Anfang an galt ihr Interesse Brasilien – sie hatte 2007-2008 schon als kaum Zwanzigjährige mit einem Stipendium auch an der Universidade Federal do Ceará in Fortaleza studiert.

Geschichte und Romanistik: Eine interessante Kombination, aus der eine hochinteressante Magisterarbeit hervorging, für die sie gefördert durch ein PROMOS-Stipendium des DAAD in Archiven in Rio de Janeiro recherchierte.

„Am 12. Oktober 1827 wurde das Sklavenschiff Diana durch die Besatzung des englischen Schiffes Sybelle im Golf von Guinea nordwestlich der Inseln São Tomé und Príncipe nördlich des Äquators aufgebracht. […] Bereits seit 1815 war es portugiesischen und brasilianischen Schiffen verboten, in Gebieten, die nördlich des Äquators lagen, Gefangene an Bord zu nehmen. […] Unter diesen war auch der Schiffskoch João de Deos. Er selbst war Jahre zuvor von der Küste des Golfes von Benin nach Brasilien verschleppt worden, um dort als Sklave verkauft zu werden. Nach der Erlangung der eigenen Freiheit entschied er sich dafür, als Schiffskoch im transatlantischen Sklavenhandel zu arbeiten.“

So lesen wir in Melina Teubners Magisterarbeit: „Sklavenschiffsköche. Eine Untersuchung der Hilfskräfte im brasilianischen Sklavenhandel des 19. Jahrhunderts“. Die Arbeit wurde Prof. Dr. Michael Zeuske (als Erstgutachter, ausgewiesener Forscher über die atlantische Sklaverei) und dem Zweitgutachter Prof. Dr. Holger Meding mit der Note 1,0 bewertet.

Die Arbeit ist der life history verpflichtet und als solche ein äußerst gelungenes Beispiel für micro-história. Man liest sich sofort in die Arbeit hinein und kann gar nicht mehr stoppen, denn Melina Teubner kann sehr gut schreiben und es gelingt ihr hervorragend, Wissenschaftliches und Anekdotisches geschickt mit einander zu verknüpfen und anschaulich zu vermitteln. Wir vom Vorstand freuen uns auch sehr, eine Geschichtswissenschaftliche Arbeit auszeichnen zu können.

Lassen Sie mich kurz aus den Gutachten zitieren. Im Gutachten von Professor Zeuske heißt es:

„Melina Teubner hat eine sehr gute, sogar exzellente Magisterarbeit geschrieben. In ihrer Einleitung legt die Autorin dar, was das Problem und der Status von Sklavenschiffköchen war, zeigt ihre schwierig zu erfassenden Quellen auf (u.a. durch sehr eigenständige Archivarbeiten) und präsentiert ihren methodischen Ansatz (mikrohistorische Zugänge zur Makrostruktur des Sklavenhandelsatlantik oder hidden Atlantic) […].

Im 3. Kapitel zeichnet Melina Teubner […] ein Sklavenleben als Vorgeschichte eines Lebens als Sklavenhandelskoch nach, mit zum Teil exzellenten Informationen und sehr guten, aber gleichwohl vorsichtigen Interpretationen.“

Und im Gutachten von Professor Meding vom 12. 2. 2012 lesen wir:

„In ihrer Magisterarbeit widmet sich die Vf. einem scheinbaren Randthema des Sklavenhandels. Es gelingt ihr jedoch in nachvollziehbarer Weise, die Bedeutsamkeit der von ihr untersuchten Gruppe für die Infrastruktur des transatlantischen Transportsystems, das sich zwischen abolitionistischen Strömungen und den manifesten Interessen der Sklavenhalterwirtschaft entwickelte, herauszuarbeiten. […]

In der Tätigkeit der Schiffköche afrikanischer Herkunft lassen sich interkulturelle Auswirkungen im Bereich der Ernährungsgewohnheiten und Zubereitungsweisen ausmachen, die zur Herausbildung afroamerikanischer Kulturen beitrugen.

Die Vf. hat sich dieser komplexen Thematik in beeindruckender Weise auf der Basis gedruckter und ungedruckter Quellen sowie unter breiter Nutzung der Forschungsliteratur genähert. In Vorgehensweise (Präzisierung anhand eines Fallbeispiels), Strukturierung und Ausführung liegt eine solide Leistung vor. […] Eine Veröffentlichung der Forschungsergebnisse halte ich für empfehlenswert.“

Das sehen wir vom Vorstand des Lusitanistenverbandes auch so, das Preisgeld könnte man in diesem Sinne auch als Druckkostenzuschuss sehen. Vielleicht erweitern Sie Ihre Magisterarbeit aber auch zu einer Dissertation.

Ich freue mich nun, ihnen den Preis überreichen zu dürfen und wünsche Ihnen im Namen des Vorstandes des DLV für weitere wissenschaftliche Ihre Zukunft alles, alles Gute.

Prof. Dr. Henry Thorau
Präsident des Deutschen Lusitanistenverbandes DLV