Preisträger 2023

Verleihung des Georg-Rudolf-Lind-Preises 2023

 

Porträt von Lukas Müller (Preisträger)

Nach seinem Zivildienst in Santos/SP/Brasilien studierte Lukas Müller Allgemeine Sprachwissenschaft und Portugiesische Philologie an der Johannes Gutenberg-Universität Mainz, der Universidade do Porto und der Universität zu Köln, wo er 2021 mit der Arbeit The Spanish and the Portuguese Present Perfect in Discourse promovierte, die 2023 bei John Benjamins erschienen ist. Zu seinen Forschungsschwerpunkten zählen neben Tempus, Aspekt und Diskurs-Prominenz  Reflexivkonstruktionen und Modalpartikeln im Portugiesischen.

 


Porträt von Melanie Strasser (Lobende Erwähnung)

Melanie Strasser studierte Philosophie und Übersetzungswissenschaften an der Universität Wien, mit Aufenthalten an der Universidade do Porto sowie an der Universidade Federal de Santa Catarina. In ihrem Doktoratsstudium im Bereich Romanistik, ebenso an der Universität Wien, mit Ausflügen nach Brasilien, Berlin und in die USA, widmete sie sich den vielfältigen Beziehungen zwischen dem Übersetzen und der Trope der Einverleibung. Die daraus entstandene Studie Kultureller Kannibalismus. Übersetzungen der Anthropophagie erschien 2023 bei Königshausen + Neumann. Derzeit forscht sie am Mecila Maria Sibylla Merian Centre in São Paulo zum Thema der Gastfreundschaft.

 

L A U D A T I O des Vizepräsidenten des DLV Prof. Dr. Joachim Steffen anlässlich der Verleihung des Georg-Rudolf-Lind Förderpreises für Lusitanistik am 19.09.2023 an der Westsächsischen Hochschule Zwickau (WHZ)

 

Es ist mir eine große Freude, als Vizepräsident des DLV den Georg-Rudolf-Lind-Förderpreis an Lukas Müller für seine sprachwissenschaftliche Dissertation mit dem Titel „The Spanish and the Portuguese Present Perfect in Discourse“ verleihen zu können.

Zunächst ein paar formale Aspekte: Erstbetreuer der Arbeit war Prof. Dr. Martin Becker von der Universität Köln, und die Arbeit wurde im Mai 2021 von der Philosophischen Fakultät der Universität zu Köln angenommen und anschließend im Juni 2021 verteidigt. Der Arbeit und der Defensio wurden jeweils das Prädikat summa cum laude verliehen. Kürzlich ist die Studie bei John Benjamins in der Reihe Linguistik Aktuell/Linguistics Today erschienen.

Nun ein paar Worte zum Inhalt: Die Studie untersucht das portugiesische Perfekt (z.B. “tenho cantado”) in Bezug auf seine synchronen, semantisch-pragmatischen und diskursiven Aspekte im Vergleich zum spanischen Perfekt (z.B. “he cantado”). Obwohl das spanische Perfekt oft als ein typischer Vertreter der Perfektform in den romanischen Sprachen angesehen wird, weist das portugiesische Perfekt besondere semantische Eigenschaften auf, die sogar die Frage aufwerfen, ob es sich wirklich um ein echtes Perfekt handelt oder eher um eine Verbalperiphrase.

Die Dissertation kommt zu dem wichtigen Ergebnis, dass das portugiesische Perfekt dem spanischen Perfekt ähnlicher ist als vielfach angenommen. Dies wird durch gemeinsame diskursive Funktionen und einen gemeinsamen semantischen Kern gestützt. Die Arbeit trägt sowohl theoretisch als auch empirisch zur Erforschung des portugiesischen Perfekts bei und schlägt vor, es als einen authentischen, wenn auch eigenständigen Vertreter des Perfekts in den romanischen Sprachen zu betrachten.

Darüber hinaus werden in einer korpusbasierten Studie brasilianische Daten untersucht, die erstmals Einblicke in die Ereignisstruktur (durch sogenannte Aktualisierungseffekte), die perspektivische Struktur und insbesondere die argumentative Struktur in Verbindung mit dem portugiesischen Perfekt bieten.

Insgesamt wurden vier Fachgutachten zur Dissertation erstellt, von Prof. Dr. Martin Becker (Köln), Prof. Dr. Benjamin Meisnitzer (Leipzig), Prof. Dr. Marco García García (Köln) und Prof. Dr. Johannes Kabatek (Zürich). Alle Gutachter kamen zum selben Ergebnis, nämlich, dass die Arbeit die Höchstnote summa cum laude verdient habe.

Ich fasse einige der abschließenden lobenden Punkte aus den Gutachten zusammen:

Die Arbeit zeichnet sich durch präzise und dichte Schreibweise aus, bietet eine beeindruckende argumentative Klarheit und eine flüssige Darstellung in englischer Sprache und integriert erfolgreich korpuslinguistische und experimentelle Ansätze. Die Forschungsliteratur wird umfassend rezipiert und erweitert, Theorie und Empirie sind harmonisch miteinander verknüpft. Die Arbeit besticht durch klare Argumentationsführung, unterstützt durch Grafiken und Tabellen. Auch die sprachliche Qualität ist sehr hoch.

Die Dissertation liefert ein innovatives Modell zur Analyse des Pretérito perfeito compostobzw. des Pretérito perfecto compuesto, also dem zusammengesetzten Perfekt im Portugiesischen und Spanischen und bietet zahlreiche neue Erkenntnisse. Sie zeichnet sich durch eine strukturierte Vorgehensweise aus, die die Forschungsliteratur in einen eigenen theoretischen Rahmen integriert. Auch methodisch überzeugt die Dissertation durch umfangreiche Korpusanalysen und experimentelle Studien.

Die Studie hat Potenzial zur Weiterentwicklung in anderen romanischen Sprachen und Fragen, die noch vertieft werden könnten. Sie berücksichtigt relevante Literatur und traditionelle Ansätze. Sie ist dadurch ein wichtiger Beitrag zur Diskussion in beiden Sprachen und darüber hinaus bezüglich des theoretischen Rahmens.

Um diese Laudatio für uns Nicht-zu-Lobenden etwas erträglicher zu machen, möchte ich darauf hinweisen, dass auch ein paar Tippfehler erwähnt werden.

Im Namen des Deutschen Lusitanistenverbandes beglückwünsche ich Lukas Müller zu dieser rundum gelungenen Arbeit und zur Verleihung der akademischen Auszeichnung durch den Georg-Rudolf-Lind-Preis für Lusitanistik!

 

Joachim Steffen, Vize-Präsident des DLV

 

Zwickau, im September 2023