Themenbeschreibung und Aufruf zur Sektionsbildung

Räume, Grenzen und Übergänge in der portugiesischsprachigen Welt

Themenbeschreibung des 13. Deutschen Lusitanistentages

11. bis 14. September 2019

Universität Augsburg

 

Der 13. Lusitanistentag nimmt die Arealität der portugiesischsprachigen Welt in den Blick. Sprachliche Varietäten, Literaturen und die speziellen Ausprägungen kultureller Phänomene sind verortbar, d.h. sie sind auf eine spezifische geographische Region bezogen, und ihrer räumlichen und zeitlichen Ausdehnung sind Grenzen gesetzt. Wo es Grenzen gibt, gibt es jedoch auch Schlupflöcher, Brücken und sonstige Verbindungen, die Übergänge von einem Raum zum anderen ermöglichen, sei es in Form von Menschen oder in Form von Texten, die miteinander in Beziehung treten. Wo die Räume, Grenzen und Übergänge in Bezug auf die portugiesischsprachige Welt liegen, wollen wir auf dem Lusitanistentag 2019 diskutieren.

Räume sind auch in der Erforschung von Literaturen und Kulturen höchst relevant. Raumtheorien unterschiedlicher Ausrichtung erleben seit einigen Jahren geradezu eine Konjunktur als Forschungsparadigma (spacial turn). Philosophen, Literatur- und Sozialwissenschaftler wie Arendt, Augé, Bourdieu, Deleuze/Guattari, Foucault, Lotman, Lefebvre, C. Schmitt und viele andere gehen davon aus, dass der physische Raum erst durch seine Semantisierung für den Menschen erfahrbar wird. Menschen konstituieren Räume und Orte, indem sie sie durch sprachliche und physische Markierungen von anderen abgrenzen, einem bestimmten Zweck zuschreiben und mit Bedeutung anreichern. So entstehen beispielsweise Erinnerungsräume, Nicht-Orte und Heterotopien, aber im weiteren Sinne auch Dystopien und Utopien. Postkoloniale Theorien denunzieren häufig die auf „Rasse“ basierende räumliche Struktur kolonialer Städte, Landschaften und Gesellschaften, lehnen die dichotomische Logik der kolonialen wie postkolonialen Welt ab und richten ihr Augenmerk auf die Prozesse des Aushandelns und der Hybridisierung von Sprachen, Kulturen und Identitäten in Grenzräumen, Schwellenräumen oder dritten Räumen (Anzaldúa, Mignolo, Quijano). Räume werden häufig als Konzept-Metaphern für höchst unterschiedliche Phänomene verwendet. Ihnen gemeinsam ist, dass sie Unterscheidungen vornehmen und dementsprechend Hierarchien schaffen, die es zu überdenken und dekonstruieren gilt: „Alte Welt“ vs. „Neue Welt“, „Erste Welt“ vs. „Dritte Welt“, etc.

Auf der Basis von Raumkonzepten, Grenzerfahrungen, Migrationsbewegungen, Erinnerungskonzepten soll auf dem 13. Lusitanistentag ausgelotet werden, wo Medien, Literaturen, Kulturen, Geschichten, Sprachvarietäten und Übersetzungen Grenzen erzeugen bzw. auf Grenzen stoßen und wie diese überwunden werden, wo sich Verflechtungen, Ver-Wirrungen, Überlappungen, Dialoge und Verschiebungen ergeben. Ganz im Sinne neuerer Transkulturalitäts-Forschungen wird zu sichten sein, welche Formen der Transkulturation sich – synchron und diachron – nachzeichnen lassen, welche Rolle dabei Passagen oder Übergänge spielen, welche Neukonstruktionen sich gerade aus den Übergängen und Überschneidungen ergeben und wo dabei das produktiv-kreative Potential der portugie-sischsprachigen Kulturen in ihrer Vielfalt liegt. Die Grundlage werden Texte aus der lusophonen Welt und ihre Befragung sein, mündliche oder schriftliche Texte, übersetzte und übertragene, literarische, filmische, fotografische, musikalische Texte, aber immer Texte.

Fragestellungen in Hinblick auf diskursive Konstruktionen transnationaler Identitäten, Strategien von Entgrenzungen und Grenzziehungen sowie wechselseitige, auch von Machtkonstellationen geprägte, Konstitutionen von Räumen und Kulturen können ebenso beleuchtet werden wie Sprach- und Kulturkontakte, semantische Räume und Grenzüberschreitungen im Sinne translatorischer Vermittlung.

Der DLV und die Universität Augsburg möchten mit der Tagung eine Möglichkeit bieten, im wissenschaftlichen Austausch die Räume, Grenzen und Übergänge in der portugiesisch-sprachigen Welt aus interdisziplinärer Sicht zu diskutieren und (neu) zu verorten. Dabei sind es ja gerade auch die Übergänge und Passagen zwischen unseren eigenen, manchmal sehr heterogenen Herangehensweisen an Themen der portugiesischsprachigen Welt, die ein besonders reiches Bild unserer vielfältigen, lebendigen, im  wahrsten Sinne „transkulturellen“ Lusitanistik zeigen.

Wir freuen uns daher auf zahlreiche Sektionen aus den unterschiedlichen Disziplinen der Sprach- und Literaturwissenschaft, der Medien- und Kulturwissenschaft sowie der Didaktik.

 

Bitte schicken Sie Ihre Sektionsvorschläge bis zum 31. August 2018 an die Präsidentin des Deutschen Lusitanistenverbandes Prof. Dr. Kathrin Sartingen  (kathrin.sartingen@univie.ac.at) und in Kopie an den Ausrichter des 13. Deutschen Lusitanistentages in Augsburg, Prof. Dr. Joachim Steffen (joachim.steffen@philhist.uni-augsburg.de).

 

Joachim Steffen, Augsburg im März 2018